Das Wrack eines hölzernen Torpedoboots vor der südukrainischen Hafenstadt Tschernomorsk in der Nähe von Odessa ist ein wichtiger Zeitzeuge aus der Zeit, als dieses Seegebiet im Zweiten Weltkrieg zum Schauplatz für die Auseinandersetzung zwischen Sowjetunion und angreifenden deutsch-rumänischen Streitkräften wurde.
Kurz vor der Beteiligung an dem deutschen Feldzug gegen die Sowjetunion kaufte Rumänien in Großbritannien eine kleine Serie von drei Torpedobooten. Diese frisch von der Werft Vospers & Co. In Portsmouth entwickelten Boote gehörten 1940 mit Sicherheit zu den am weitesten entwickelten Fahrzeugen ihrer Art, von denen am Ende über 300 Einheiten vor allem für die Royal Navy gebaut wurden. Die leichten Holzrümpfe in der Gleiter-Bauweise mit ihren 22 Metern Länge erreichten dank der 3450 ps starken italienischen Isotta-Fraschini Benzinmotoren eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 42 Knoten. Und das mit einer Bewaffnung von zwei 533-mm Torpedorohren, zwei 7,7 mm Vierling-Maschinengewehren zur Flugabwehr und mit zusätzlichen acht Wasserbomben bzw. alternativ vier Seeminen an Bord. Die Besatzung bestand aus 14 Personen. Die „Viforul“, „Vijelia“ und „Viscolul“ genannte Torpedoboote waren seit Juli 1941 Bestandteil der deutsch-rumänischen „Operation München“ (gemeinsamer Überfall auf die Südukraine) und operierten hauptsächlich im Seegebiet zwischen Sulina und Halbinsel Krim, wo sie an einigen Gefechten gegen sowjetische Zerstörer und an Ubootjagd beteiligt waren.
Im Spätherbst 1941 eskortierten „Viforul“ (ex. MTB20) und „Vijelia“ (ex. MTB21) ein deutsches Munitionskonvoj bestehend aus den Frachtern „Tissa“ und „Ungwar“ von Sulina nach Odessa, während vier rumänische Minenjagdboote es versuchten, sowjetische Minensperren aufzuklären und zu beseitigen. In der Tat wurden einige beim Rückzug durch die sowjetischen Zerstörer aufgestellte Ankertauminen entdeckt und beseitigt. Doch selbst mit dieser Unterstützung lief einer der Frachter – der in Ungarn gebaute Dampfer „Ungvar“ auf eine Mine. Dabei rutschte dem Schiff einer der Anker aus der Tasche und blieb mitten in der Wassersäule hängen, sodass weder eine Weiterfahrt noch das Anhalten möglich waren. In diesem Zustand drehte das manövrierunfähige Schiff im Wind quer zur Minensperre und löste eine zweite Seemine aus. Diesmal lag der Treffer auf der Höhe der Laderäume, in denen „Ungvar“ 900 t Flugzeugbomben, 300 t Flugabwehrmunition und 140 t Kraftstofftransportierte. Die anschließende Detonation war derart gewaltig, dass sie beide Torpedoboote, die zu den Überlebenden der ersten Explosion eilten, mitriss. Noch heute erkennt man auf den Sonaraufnahmen einen mit Schlick statt mit Sand gefüllten 160-Meter Krater auf dem 18 Meter tiefen Meeresgrund. Vom Munitionstransporter selbst blieb bis auf zerstreute Kleinteile praktisch nichts mehr übrig.
„Viforul“ und „Vijelia“ ruhen heute an den beiden entgegengestezten Enden des Kraters. Das letztere ist wesentlich besser erhalten, obwohl der Zahn der Zeit auch an ihrem Holzrumpf gehörig genagt hat. Besonders markant sind das noch bestückte Torpedorohr auf der Steuerbordseite und eine einsame Wasserbombe backbords. Am Heckspiegel hängt das zweite Torpedo halb im Wasser. Es muss beim Aufprall gegen den Meeresboden aus dem Backbord-Rohr ausgerutscht sein.
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