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EXIVE - Der Doppelrebreather

In dem Eigenbau-mCCR EXIVE stecken viele Jahre der Entwicklung. Aus einem privaten Projekt ist hier ein redundanter Doppelrebreather entstanden, der neue Wege geht in punkto Kalkbehälter, Verteilerkopf und Gegenlungen.


Stefan Tietze - der Entwickler von EXIVE mit seinem Gerät an Bord des Tauch- und Expeditionsschiffs MS "Fritz Reuter". Daneben das 1-Mann-U-Boot "Sgt. Pepper‘s" von Carsten Standfuß (2006).

Zwischen 2009 und 2020 habe ich beim Bau und Betrieb des deutschen Forschungs-Ubootes "Euronaut" teilgenommen. Diesem Projekt verdanke ich im Wesentlichen sowohl meinen beruflichen Werdegang, als auch Tauchen als lebensfüllendes Hobby. Das Alleinstellungsmerkmal dieses Ubootes war eine eingebaute 2-Mann-Taucherkammer für die Wracktaucheinsätze. Parallel zur Entwicklung des Fahrzeugs selbst, wurde vom früheren "Euronaut"-Besatzungsmitglied Stefan Tietze ein Tauchgerät besonderer Art konzipiert und gebaut. Dabei handelt es sich um EXIVE – einen Rebreather, der bis auf die Gasflaschen über die vollständige funktionale Redundanz verfügt. Obwohl dieses Gerät nicht explizit für den Einsatz vom Uboot, sondern für die allgemeine Nutzung gedacht war, wurde sein Potenzial für die Anwendung im Rahmen des Projektes "Euronaut" sehr früh erkannt. Um diese Anwendung geht es primär in diesem Beitrag.


Konzept

Mit einer Betriebstauchtiefe von 250 Meter und einer Taucherkammer verfügte "Euronaut" über Möglichkeiten, die bis dahin nur den Behörden, großen Offshore-Unternehmen oder dem Militär zur Verfügung standen. Allerdings könnte das volle Potenzial des Projekts nur dann ausgeschöpft werden, wenn Taucher auf die entsprechende Ausrüstung zurückgreifen können. Wer Wrackexplorationen mit stundenlanger Verweildauer in den Tiefen jenseits von 100 Metern wagen möchte, landet zwangsläufig im Bereich des Sättigungstauchens. Traditionell wird diese Disziplin beim Berufstauchen aus Sicherheitsgründen von schlauchversorgten Systemen bzw. Helmtauchgeräten dominiert. Der Grund: die Berufstaucher sind allein für die Ausübung ihres Auftrags verantwortlich und sind auch nur darauf konzentriert. Die Fragen der Gaslogistik, Tauchgangplanung und Durchführung, medizinische Überwachung und Entsättigung werden vom Personal im Versorgerschiff überwacht und gesteuert.


Auf einem 16 Meter langen Uboot mit einem Taucherkammervolumen von ca. 7,4 m³ sind aber weder Platz noch Energie vorhanden, um eine Logistik aufzubauen, die an Bord eines ungleich größeren kommerziellen oder militärischen DSV (Diver Support Vessel) vorhanden ist. Die einzige im Rahmen eines Hobby-Projekts praktikable Alternative mit Blick auf die größte mögliche Tauchtiefe, Wirkungsgrad, optimale Nutzung der mitgeführten Gase und adäquate Sicherheit, ist die Verwendung eines geschlossenen Kreislauftauchgerätes. Nun sind Rebreather per Definition komplexe technische Geräte, deren Einsatz in einer lebensfeindlichen Umgebung mit Ausfallrisiken verbunden ist. Deshalb wird unbedingt ein Bail-Out-Konzept benötigt, mit dem der Taucher seinen Tauchgang sicher beenden kann.


Simulation des Taucherausstiegs aus der nur 77 Zentimeter breiten Ausstiegsluke des Ubootes

Tauchen aus dem Uboot

An dieser Stelle gibt es den ersten Unterschied zwischen dem technischen Tauchen und dem Tauchen von einem Uboot aus. Die Reserveatemgasversorgung beim Ausfall des Rebreathers muss nicht bis zur Oberfläche reichen. Ähnlich wie bei den Berufstauchern, die bei einem Sättigungstauchgang eine Dekompressionsverpflichtung von mehreren Tagen haben können, und gar keine Chance hätten, ohne Taucherglocke lebendig an die Oberfläche zu kommen, muss ein Reservegerät für "Euronaut"-Taucher nur für eine begrenzte Zeit und Strecke zurück zur Taucherkammer reichen. Dadurch wird die erste selbstgestellte Anforderung an das Reservegerät formuliert: Es muss für mindestens 20 Minuten reichen. Noch besser ist es, wenn es begrenzt als Back-Up in der Taucherkammer agieren kann, falls die Gasversorgung darin zeitweise ausfällt. Des Weiteren muss das System kompakt genug sein, um damit durch einen Taucherausstieg mit einem kleinen Durchmesser von 77 Zentimeter durchzukommen.


Wie stellt man diese Reservegasversorgung sicher? Für Bail-Out-Stages reicht der Platz in der Taucherkammer schlichtweg nicht aus. Die Sidemount-Rebreather wurden Anfang der 2000er Jahre, also zum Zeitpunkt, als "Euronaut" konzipiert und gebaut wurde, noch nicht erfunden oder waren zumindest nicht ausreichend bekannt. Außerdem beschränken sie unter Umständen die Flexibilität beim Ein- und Aussteigen durch die enge Bodenluke. Und auch wenn das Mitführen von Stages sich im technischen Tauchen durchgesetzt hat, ist es noch immer nicht jedermanns Sache, vergleichsweise schwere und störende Zusatzflaschen mit sich mitzuführen. Die einzige logische Konsequenz unter diesen Bedingungen war ein zweiter funktional unabhängiger Rebreather im selben Gehäuse. Genau diese Grundidee wurde bei EXIVE (EXtended dIVE) verfolgt.


Entwicklungsstufen des Vorgängers "Oxydrant" vom KG-Rohr bis zum Höherpunkt seiner Entwicklung im Jahr 2004.

Entwicklung

Die Entwicklung des Gerätes erfolgte iterativ über drei verschiedene Baustufen: Machbarkeitsstudie, Baustufe 1 (Single-Loop-Rebreather) und Baustufe 2 (Dual-Loop-Rebreather). Dabei gab es Unterstützung durch erfahrene Taucher, Ingenieure, Mediziner und den Rest der "Euronaut"-Crew. Des Weiteren führte die enge Zusammenarbeit mit der Firma Submatix zu einem intensiven Gedanken- und Ideenaustausch sowie zur Übernahme von Bauteilen der Submatix-Rebreather.

In den ersten Entwicklungsphasen wurden im Gerät (damals noch "Oxydrant" genannt) viele Elemente des Dräger "Dolphin" SCR und Baumarkt-Komponenten verwendet. Später folgten Edelstahl-Bauteile aus der Eigenentwicklung.


2006 wurde der Rebreather in der Baustufe 2 bei dem universitären Forscher- und Gründer-Ideenwettbewerb "Venture Sail" der Patentverwertungsagentur-Mecklenburg-Vorpommern in Rostock vorgestellt und belegte den preisgekrönten 5. Platz. Das Preisgeld wurde zur Weiterentwicklung des Gerätes eingesetzt.


Insgesamt absolvierte EXIVE circa 60 Tauchstunden. Nimmt man alle vorangegangenen Prototypen hinzu, umfasst die Gesamtzeit unter Wasser circa 200 Tauchstunden. Die Erprobungsgebiete lagen in der Ostsee, Nordsee und Binnengewässern (Wildschütz, Nordhausen, Hemmoor, Schweriner See, Helenesee und diversen Baggerseen). Die Höhepunkte bei der Entwicklung waren die Teilnahme an einer Wracksuchexpedition unter der Leitung von Klaus Keppler ("Sea Explorer AG") und die Erprobung beim "DSAT Tec Trimix Instuctor Trainer" in Kroatien.


Funktionsschema des EXIVE

Das Prinzip

Funktional handelt es sich bei EXIVE um einen herkömmlichen KISS-Style-mCCR, bei dem alle Komponenten vom Flaschenventil bis zum Loop doppelt ausgeführt sind. Alle kritischen Komponenten wurden in einer platzsparenden Bauweise neu entwickelt.


Das Edelstahl-Rohrrahmengestell des EXIVE mit angehängten Hauptkomponenten. Rechts daneben der Kupferrohr-Versuchsrahmen des Vorgängers "Oxydrant". Der Doppel-Rebreather unterscheidet sich in seinen Abmessungen nur wenig von modernen eCCR-Geräten.


Das Rohrrahmengestell

Bei der tragenden Struktur wurde bewusst auf eine Abdeckung verzichtet. Anderenfalls würde eine solche Abdeckung das Gerät unnötig größer und schwerer machen. Insbesondere die Möglichkeit, verschiedene Flaschengrößen zu verwenden, war mit einer verdeckten Konstruktion nicht vereinbar. Folgende Anforderungen führten zum Design des Rohrrahmengestells:

• Tragen aller Gerätekomponenten;

• Schutz empfindlicher Bauteile vor Kollision mit ebenen Flächen in alle Richtungen;

• leichte Montier- und Demontierbarkeit des Geräts;

• sichere Abstellmöglichkeit des Geräts in aufrechter und liegender Position;

• grundsätzliche Robustheit im Sinne des Umgangs mit Gerätschaften an Bord.


Das Rohrrahmengestellt trägt ein Edelstahl-Rumpfrohr, das als Gehäuse für die Kalkbehälter und als Halterung für den Verteilerkopf dient.


Die Druckgasflaschen

Die Gasversorgung erfolgt über Druckgasflaschen neben dem Rumpfrohr. Es können Flaschen in der Größe 3, 4, 5 und 7 Liter eingesetzt werden. Die Flaschen haben jeweils ein kreuzförmiges Doppelventil. An dieser Stelle beginnt auch die Trennung der beiden Kreislaufgeräte, die erst am Mund des Tauchers wieder endet. Es ist davon auszugehen, dass die Druckgasfaschen über einen Tauchgang hinweg als ausfallsicher gelten. Jeder Kreislauf wird über jeweils eine separate 1. Stufe mit Diluent und Sauerstoff versorgt. Die Handräder des primären Kreislaufs zeigen zur Seite, die des sekundären Kreislaufes zeigen auf das Gesäß des Tauchers. So gestaltet, sind alle Handräder leicht zu erreichen und schwer zu verwechseln.


Zwei getrennte Kalkbehälter zu verwenden, hätte das gerät zu groß und zu schwer gemacht.
Stattdessen erfolgt eine koaxiale Anordnung der beiden zylindrischen Atemkalkbehälter. Der sekundäre Behälter steckt im primären Behälter. Der Funktionalitätsnachweis wurde anhand eines praktischen Versuchs zur Ermittlung der CO2-Reaktionsfront im Inneren des Kalkbehälters erbracht.

Der Kalkbehälter

Der Kalkbehälter stellt neben dem Verteilerkopf und den Gegenlungen das wesentliche Know-how in der Konstruktion des EXIVE dar. Beim Entwurf des Geräts stellte sich grundsätzlich die Frage nach einer möglichst platzsparenden Anordnung von zwei Kalkbehältern mit ihren Zugängen in einem Gehäuse, ohne dass sich diese funktionell überschneiden. Aus dem Höhlentauchen sind einige Eigenkonstruktionen bekannt, bei denen zwei vollständig getrennte Kalkbehälter nebeneinander platziert sind. Im Grunde handelt es sich um das parallele Zusammenbinden zweier baugleicher Rebreather. Für die gestellten Anforderungen erschien diese technische Lösung zu groß und zu schwer. Stattdessen wurde eine koaxiale Anordnung der beiden zylindrischen Kalkbehälter ineinander gewählt, wobei der sekundäre Behälter im primären Behälter steckt. Das Ineinanderstecken der Kalkbehälter hat den besonderen Vorteil, dass sich die Behälter gegenseitig wärmen, unabhängig davon, welcher Kreislauf gerade in Benutzung ist. Dieser sogenannter "Hot Stand-by"-Modus ist der wesentliche Vorteil gegenüber den heutigen Sidemount-Rebreathern, die (zumindest nach der damaligen "Lehrmeinung") beim Ausfall des Hauptrebreathers zuerst angeatmet werden sollten. In extremen Tiefen wäre der Vorgang des Anatmens andernfalls eventuell nicht schnell genug. Die Durchströmung der beiden Kalkbehälter erfolgt in Axialrichtung. Das Ausatemgas des primären Kreislaufs strömt zwischen dem Rumpfrohr des Gestells und dem Kalkbehälter vom Kopf zum Boden des Gerätes. Dort tritt es in den primären Kalkbehälter ein (2,7 Liter Kalkkapazität) und strömt unter CO2-Absorption in diesem nach oben zum Verteilerkopf zurück. Das Ausatemgas des sekundären Kreislaufs strömt durch ein Rohr im Zentrum des Kalkbehälters vom Verteilerkopf zum Boden des Rebreathers. Dort tritt es in den sekundären Kalkbehälter ein (1,8 Liter Kapazität) und strömt unter CO2-Absorption in diesem nach oben zum Verteilerkopf zurück. Die Wasserfallen beider Kreisläufe befinden sich im unteren Teil des Rumpfrohrs.


Konfiguration der Atemschlangen und Sensorhalter am Verteilerkopf

Der Verteilerkopf

Der Verteilerkopf ist das zweite besondere konstruktive Merkmal beim EXIVE. Er führt durch die ausgeklügelte Kanalgestaltung jeweils die richtige Ein- und Ausatemseite des Kalkbehälters zu den Atemschläuchen, beinhaltet jeweils einen ADV pro Kreislauf und bietet jeweils einen Schacht für die Sensorträger mit den Sauerstoffsensoren der Monitoring-Einheit. Des Weiteren trägt der Verteilerkopf den Kalkbehälter und ist mit diesem direkt verbunden. Bei der Demontage und Reinigung des Rebreathers kann der Verteilerkopf zusammen mit dem Kalkbehälter wie eine Kartusche aus dem Rumpfrohr gezogen werden.


Anordnung der Gegenlungen und deren Anschlüsse. Der Doppelrebreather hat insgesamt vier Lungen. Je zwei Lungen mit unterschiedlicher Funktion sind zusammen in einer Hülle verbaut.

Die Gegenlungen

Die Gegenlungen stellen das dritte wichtige Stück Know-how des EXIVE dar. Atemwiderstandsoptimiert wurden sie in der Front-Mount-Anordnung positioniert. Mitunter ist diese Anordnung einer besseren und übersichtlicheren Schlauchführung des Doppelsystems geschuldet. Das Problem bestand nun darin, dass das Gerät mit zwei Kreisläufen vier Lungen hat. Auf die jeweils zweite Lunge konnte aufgrund des Vorteils bei der Durchströmung des Kalkbehälters nicht verzichtet werden. Die Lösung besteht darin, dass jeweils zwei Lungen mit unterschiedlicher Funktion zusammen in einer Hülle eingebaut wurden. Während des Tauchgangs wird jeweils nur eine Ein- und eine Ausatemlunge benötigt. Da immer nur ein Kreislauf in Betrieb ist, ist auch pro Hülle nur eine Lunge in Betrieb. Die Lungen des anderen Kreislaufs stören entlüftet in der Hülle nicht. Dazu war es notwendig, die einstellbaren Auslassventile für den Taucher ebenfalls leicht erreichbar auf den Gegenlungen zu positionieren. Das Auslassventil des nicht benutzten Kreislaufs muss jeweils vom Taucher geöffnet werden, um so ein Entweichen des Atemgases sicherzustellen. Die nicht benutzten Lungen werden durch Verdrängung entleert und nehmen folglich fast keinen Raum ein.


Verwendet wurde ein Kirby Morgan EXO 26 Vollgesichtsmaske mit einem Anschluss-Block für Doppel-Loop.

Mundstück und Vollgesichtsmaske

Wahlweise kann EXIVE mit zwei Mundstücken und Halbgesichtsmaske oder einer Vollgesichtsmaske betrieben werden. Die Vollgesichtsmaske ist mit einer Schaltwalze zum Wechseln zwischen dem primären und sekundären Kreislauf ausgerüstet. Für das Absetzen der Maske an der Wasseroberfläche schwimmend ist das Mundstück zum Vermeiden des Volllaufens der Kreisläufe vollständig absperrbar. Als Vollgesichtsmaske wurde die Kirby Morgan EXO 26 gewählt. Dazu wurde die zweite Stufe entfernt und durch einen eigens entwickelten Anschlussblock mit Schaltwalze ersetzt. Der Einsatz der Vollgesichtsmaske bringt den deutlichen Vorteil mit sich, dass es unmöglich ist, das Mundstück zu verlieren. Sie hat aber auch den Nachteil, dass mit vier angeschlossenen Atemschläuchen das Kopfdrehen deutlich erschwert wird. Dieser Nachteil ist aber erträglich, da das Drehen des gesamten Oberkörpers durch die gute Trimmung des Rebreathers nicht schwierig ist.


Redundante Überwachungseinheiten mit Sensorblöcken.

Überwachungssystem

EXIVE verfügt über ein einfaches Sauerstoffpartialdruck-Monitoringsystem, bestehend aus jeweils drei Sensoren pro Kreislauf. Die dazugehörigen Elektronikmodule wurden ebenfalls eigenständig entwickelt und sind in einem aus Aluminium gefrästen Gehäuse inklusive Batterien untergebracht. In den geplanten Ausbaustufen wäre die Integration eines Rebreather-Tauchcomputers möglich. Beim Tauchen von Bord eines Ubootes ist das aber nicht zwingend erforderlich. Im Gegensatz zu technischen Tauchgängen von der Oberfläche aus und mit vergleichsweise kurzen Grundzeiten (im Berufstauchen "Bounce-Dives" genannt), erfolgt die Tauchgangberechnung beim Sättigungstauchen ausschließlich anhand von Tabellenwerken. Einer der Gründe dafür ist das Fehlen der für Berufstauchen zugelassenen Tauchcomputer mit entsprechend validierten Rechenmodellen. Viel wichtiger ist aber die Tatsache, dass der Ausstieg aus der Taucherkammer nur ein kurzer Abschnitt des eigentlichen Tauchgangs ist. Während das Tauchgerät abgelegt ist, verfügt ein herkömmlicher Tauchcomputer oder gar ein fest angeschlossener Rebreather-Controller nicht über die gesamten erforderlichen Daten,

die zur korrekten Dekompressionsberechnung benötigt werden. Beim schlauchversorgten

Tauchgang ist die Zusammensetzung des Atemgases im Gerät und in der Taucherglocke stets bekannt. Eine mögliche technische Lösung für das Problem wäre die Entwicklung eines Tauchcomputers, der das "Umstecken" vom Rebreather an die stationäre Sauerstoffmessanlage in der Taucherkammer erlaubt.


EXIVE transportfertig. Vom Gewicht und Platzbedarf entspricht der Dual-Loop-Rebreather in etwa einem JJ-CCR in GUE-Konfiguration.

Hauptdaten

• Gewicht: Tauchklar 48 kg (Rebreather mit der Backplate, Harness, gefüllte 7-Liter-

Flaschen, gefüllte Kalkbehälter, Automaten mit Schläuchen, Gegenlungen, Atemschlangen und Überwachungseinheit);

• Abtrieb im Süßwasser: ca. 5 kg;

• Höhe: 760 mm (vom Standfuß bis zur Oberkante des Gestells);

• Breite: 460 mm (mit 7-Liter-Flaschen);

• Tiefe: 250 mm (von der Backplate-Vorderkante);

• Max. Tauchtiefe: Das Monitorgehäuse ist das einzige druckfeste Teil des Rebreathers und wurde in einer Komponentendruckkammer auf 180 Meter für 24 Stunden getestet;

• Max. Tauchzeit: bis zu 6 Stunden bei geringer körperlicher Arbeit und unter Aufgabe der Redundanz.


Tauchen mit EXIVE in der Maximalkonfiguration. Insgesamt wurden 60 Tauchstunden absolviert.

Erprobungsergebnisse

Die tiefsten und anspruchsvollsten Tauchgänge mit EXIVE fanden in Kroatien im Rahmen der 1. Tec Diving Week 2008 in Trogir, nahe Split, statt. Besonders interessant und lehrreich war dabei der Wissensaustausch mit Mark Ellyatt, der das Gerät ebenfalls zu Probe getaucht hat. Zu der Zeit hielt der Brite den Weltrekord im Tieftauchen, der damals bei 313 Metern lag. Folgende Erprobungsziele wurden während der Tauchgänge verfolgt:

• Durchführung von ersten Trimix-Tauchgängen (z.B. mit TX 18/40 oder TX 13/45);

• Messungen des Atemwiderstandes in größeren Tiefen (62 bis 81 Meter);

• Erprobung der Kreislaufwechsel in größeren Tiefen;

• Überprüfung der Set-Point-Einstellbarkeit abhängig vom Tauchgangprofil;

• Überprüfung der Sensorabweichung in größeren Tiefen;

• Allgemeine Handhabung des Gerätes in der maximalen Konfiguration und in

größeren Tiefen;

• Langzeiterprobungen des Kondensateintrags, der Langzeitergonomie, Taucherermüdung und der Gasverbräuche (Laufzeit 5 Stunden).


Dabei wurden die Funktionsfähigkeit und Handhabbarkeit des Gesamtsystems erfolgreich bewiesen. Der Atemwiderstand in 80 Meter Tiefe wurde subjektiv als durchaus akzeptabel wahrgenommen. Auch tiefere Atemzüge, bei denen in Anbetracht der Tiefe relativ große Gasmengen durch das Gerät gepumpt werden, stellten kein Problem dar. Der Wechsel vom primären in den sekundären Kreislauf und

wieder zurück auf großer Tiefe stellte kein Problem dar.


Das Einstellen des Set Points war ebenfalls unkompliziert. Die beim Exive eingestellte konstante Zuführung von Sauerstoff mit 1.1 l/min war nur beim Langzeittauchgang bei fast bewegungslosem Dahinschweben zu hoch. Wenn sich der Taucher normal langsam bewegt, trifft diese Zuführung von Sauerstoff den Verbrauch recht gut. Daher musste der Set-Point auf konstanten Tiefen nur sehr selten korrigiert werden. Auch beim Tieftauchen ist die manuelle Steuerung eines CCR mit zwei Kreisläufen einfach durchzuführen und überfordert den Taucher sicher nicht. Wie schon früher festgestellt, zeigt sich die Tarierung im Flachwasser als recht anspruchsvoll. Vier potenzielle Auftriebskörper (zwei Kreisläufe, Trockenanzug und eine Wingblase) wollen mit Übung und Geschick beherrscht sein.


Fazit

Am Ende eines langjährigen Entwicklungsprozesses ist ein einmaliges Tauchgerät entstanden, das auch nach dem heutigen Stand der Technik bei einigen Spezialanwendungen seine Daseinsberechtigung hat. Im nächsten Schritt wäre die Kommerzialisierung des Projekts durchaus denkbar. EXIVE ist grundsätzlich so konstruiert, dass die in DIN EN 14143 geforderten Eigenschaften, Leistungen und Sicherheiten erfüllt werden bzw. erfüllbar sind. Leider wurde die Weiterentwicklung des Gerätes 2009 aus privaten Gründen eingestellt. Seitdem wurden damit auch keine Tauchgänge durchgeführt. Es blieb bei nur einem Prototyp, der über die Jahre so viel gekostet hat, dass man damit mehrere kommerzielle Rebreather von der Stange hätte finanzieren können. In der Zwischenzeit hat Rebreather-Technik große Fortschritte gemacht und zahlreiche neue kompakte Geräte haben den Markt betreten. Aus heutiger Sicht wären viele Herausforderungen des Tauchens vom Uboot aus mit Bail-Out-Rebreathern in Sidemount- oder Chestmount-Bauweise beherrschbar. Darüber hinaus fanden alle Tauchereinsätze an Bord von "Euronaut" am Ende in Tiefen von unter 25 Metern statt und wurden mit herkömmlichen OC-Tauchgeräten durchgeführt. Nichtsdestotrotz handelte es sich bei dem Projekt EXIVE um einen technischen Erfolg und um ein kleines Stück der Tauchgeschichte.



Über den Entwickler

Stefan Tietze ist Maschinenbauingenieur und war von 2003 bis 2009 Mitglied im "Euronaut"-Projekt. Er hat das Sporttauchen in der DDR bei der GST gelernt und sich zum Schwimm- und Schiffstaucher der Bundesmarine und zum geprüften Berufstaucher ausbilden lassen.


Dieser Artikel wurde zuerst im "Wetnotes"-Magazin Nr. 34 veröffentlicht


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