Das Wrack „Uwe“ gehört mit Sicherheit zu den bekanntesten Wahrzeichen von Blankenese. Fast jeder Hamburger kennt dieses mysteriöse Motorbinnenschiff, dessen Heck in unmittelbarer Nähe des Elbstrandes je nach Wasserstand mehr oder weniger aus der Elbe herausragt und bei Ebbe sogar zu Fuß erreichbar ist.
Das Heck von "Uwe" bei Niedrigwasser
Über den Untergang des Schiffs am 19. Dezember 1975 wurde bereits einige Male geschrieben. Im dichten Nebel wurde es nur zufällig bei einer Kollision zweier anderer Schiffe: des polnischen Frachters „Mieczyslaw Kalinowski“ mit dem deutschen Frachter „Wiedau“, in Mitleidenschaft gezogen. Dabei brach „Uwe“ durch den Zusammenstoß in zwei Hälften. Die Bergung des Wracks übernahm das Unternehmen „Taucher Harmstorf“, dessen Gelände nur einen Kilometer von der Unfallstelle entfernt lag. Nur wenige wissen, dass sich damals am Falkensteiner Ufer eine Abwrackwerft befand und dass man noch heute neben „Uwe“ und dem daneben liegenden finnischen Schoner „Polstjernan“ weitere interessante Wrackteile im Sand finden kann. Während das Vorschiff des Elbfrachters „Uwe“ relativ schnell geborgen und abgewrackt wurde, blieb das Achterschiff wegen seines Gewichtes liegen. Später wurde das Werftgelände von der Stadt aufgekauft und „Uwe“ verblieb als eine Art Wellenbrecher an seinem Platz. So viel zu der bekannten Geschichte…
Viele Bilder dieses Wahrzeichens und die Untergangsbeschreibung findet man im Internet und in früheren Zeitungsartikeln, die Herkunft und seine Vorgeschichte sind jedoch kaum bekannt. Dies mag vielleicht auch daran liegen, dass es erst zwei Jahre vor seinem Untergang auf den Namen „Uwe“ umgetauft worden war. Mit freundlicher Unterstützung des Schiffshistorikers Peter Skiba aus Sassnitz, der ein umfangreiches Privatarchiv besitzt, kann jetzt die gesamte Geschichte von „Uwe“ erzählt werden.
Rekonstruktionszeichnung zeigt das Wrack in seiner heutigen Position
Ursprünglich wurde das Schiff 1914 als Binnenfrachtdampfer auf der Gebrüder Wiemann Werft in Brandenburg a. d. Havel für die Reederei Berliner Lloyd AG gebaut. Getauft wurde das 52 m lange Schiff mit einer Tragfähigkeit von immerhin 317 Tonnen auf den Namen „Fürstenberg“. Diesen Namen hat sie trotz vieler Eignerwechsel und vieler technischen Umrüstungen bis kurz vor ihrem Untergang behalten. Die Anfangsmotorisierung bestand aus einer 175 PS starken 3-Zylinder 3-fach Expansionsdampfmaschine. 1944 wurde die Leistung der Maschine auf 205 PS erhöht und die „Fürstenberg“ wurde dann für einige Jahre auf dem Rhein eingesetzt.
Im Jahr 1951 erfolgte ein massiver Umbau des Schiffes. Die Dampfmaschine wurde gegen einen leistungsstarken Dieselmotor mit 240 PS ausgetauscht. Gleichzeitig wurde der Rumpf verlängert. Die Tragfähigkeit betrug nun 500 Tonnen. Um weiterhin mit den neueren Binnenfrachtschiffen mithalten zu können, wurde die „Fürstenberg“ 1961 erneut verlängert. Die Länge betrug inzwischen 60 m und die Tragfähigkeit wurde auf 641 Tonnen erhöht. Hamburg wurde ab 1973 zum neuen Heimathafen. In diesem Jahr erwarb die Reederei Günther Kroll, Hamburg das Schiff und benannte sie in „Uwe“ um. Zwei Jahre später wurde bei einer Kollision das Schicksal des Binnenfrachters „Uwe“ besiegelt. Bei dichtem Nebel sank das Schiff. Übrig blieb das Wrack, das heute noch zu sehen ist.
Leider ließen sich auch mit den neuen Erkenntnissen keine zeitgenössischen Archivbilder finden, auf denen das Schiff zu seinen „Lebzeiten“ zu sehen ist. Unterwasserfotografie ist bei Sichtweiten von wenigen Zentimetern in der Elbe nicht möglich, und ein Taucher kann das Wrack bestenfalls im trüben Wasser abtasten.
Hochauflösenden Sonaraufnahmen des Wracks schaffen eine grobe Übersicht seiner Gesamtform
Quelle: Privatarchiv Ingo Oppelt
Abhilfe schaffte dann ein modernes Seitensichtsonar-Gerät, mit dem der gesunkene Frachter mit einem Vermessungsboot von allen Seiten eingescannt wurde. Anschließend wurde ein Gesamtbild des Wracks erst möglich. Was auf den Sonaraufnahmen fehlt, kann bei einer grafischen Rekonstruktion mit Unterstützung gewisser schiffbaulicher Kenntnisse im Detail ergänzt werden. Weiß man dann auch noch die Herkunft eines Schiffes, das Baujahr und seine Hauptabmessungen, so kann man auch nachvollziehen, wie es etwa ausgesehen haben muss. Das Ergebnis ist eine Wrackzeichnung zum heutigen Zustand von „Uwe“, auf der man unschwer erkennt, dass es sich bei dem freistehenden Heck nur um einen kleinen Teil des durchgebrochenen Schiffes handelt.
Eine hypothetische Rekonstruktion des Aussehens von "Uwe" bzw. "Fürstenberg" vor dem Untergang
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