Es ist ungewöhnlich ein Wrack zu betauchen, das in derselben Stadt gebaut wurde, in der man selbst lebt. Noch ungewöhnlicher ist, wenn das Schiff nach einem Stadtviertel benannt ist, in dem man arbeitet und dafür täglich zu Fuß über jenes Gelände läuft, auf dem es gebaut wurde. Es gibt sogar noch eine kuriose persönliche Verbindung mit diesem Krupp-Segler, aber das ist eine Geschichte für ein anderes Mal…
Das 47,5 Meter lange und 456 Bruttoregistertonnen messende eiserne Segelschiff „Gaarden“ wurde im Jahr 1920 auf der Friedrich Krupp Germaniawerft in Kiel gebaut. Nur zwei Jahre später kostete ein Navigationsfehler sowohl dem Frachtsegler selbst als auch dem Großteil seiner Besatzung inklusive des Kapitäns das Leben. Die „Gaarden“ war auf dem Weg von England nach Schweden mit einer Ladung Steinkohle als sie im schweren Wetter zu weit von der sicheren Fahrrinne wegkam und trotz eines Manövers der letzten Hoffnung auf dem dänischen Gedser Riff mehrere Grundberührungen hintereinander hatte und leck schlug. Zunächst für eine Stunde unbemerkt trat das Leckwasser in die Bilgen und Laderäume, sodass die Lenzpumpen viel zu spät eingeschaltet wurden. Ohne Rettungsboote vorzubereiten, beabsichtigte der Kapitän zuerst das angeschlagene Schiff nach Rostock zu bringen. Nachdem eine deutliche Schlagseite die ganze Schwere der Situation veranschaulichte, versuchte er das Schiff vor Darß auf Grund zu setzen. Doch dazu kam es auch nicht und „Gaarden“ kenterte in der Mecklenburger Bucht wenige Seemeilen östlich der Kadetrinne. Nur fünf der Seeleute, die nicht einmal Rettungswesten trugen, konnten von einem vorbeifahrenden schwedischen Segelschiff gerettet werden. Im Nachgang wurde der Kapitän vom Seegericht angesichts mangelhafter und unprofessioneller Führung für den Schiffsuntergang und den Tod seiner Besatzungsmitglieder schuldig gesprochen.
Gefunden und identifiziert wurde das Wrack erst im Jahr 2000. Heute liegt es auf einem festen Sandgrund, wobei der Rumpf unter Eigengewicht stark zusammengebrochen ist. Ein riesiger Riss trennt die Steuerbordwand vom Schiffsboden und lädt dazu ein, das innere der Laderäume zu erkunden. Bei schlechter Sicht ist hier aber wegen Unübersichtlichkeit gewisse Vorsicht geboten. Sämtliche Details des Hauptdecks und der Lückensülle sind unter den Plattengängen des Rumpfs begraben. Die massiven Stahlmasten sind wie Fühler auf dem Grund ausgestreckt. Lediglich das, was vom Hinterschiff übrigblieb, liegt in einem Stück fast kieloben und öffnet einen guten Blick auf das Totholz mit dem Ruder und Propeller dran. Je nach Auskolkung konnte man früher in einem Spalt zwischen Grund und Achterdeck sogar die Reste des Steuerrads erkennen. Der auf der Seite liegende markante Klipperbug ist sauber an einem Querschott abgebrochen und bietet einen direkten Blick auf einen der Anker und Ankerwinde. Der oberste Punkt des Wracks liegt in einer Tiefe von 16 Metern.
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