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Erzfrachter "Neuenfels" vor Narvik


Beim Wrackzeichnen ist man darauf angewiesen, möglichst viel gutes Videomaterial zu haben, um die Proportionen und den Zustand des Wracks realistisch darzustellen. Eigene Aufnahmen aus ein paar Tauchgängen reichen in den seltensten Fällen dazu, eine vollständige Übersicht zu bekommen. Entweder sind dazu zahlreiche weitere Tauchgänge und Fremdvideos nötig oder man hat Schiffsbilder aus "Lebzeiten" zur Hand. Bei der MV "Neuenfels" ist das letztere leider nicht der Fall. Der Erzfrachter wurde 1925 gebaut und bereits im April 1940 während der Schlacht um Narvik vom britischen Zerstörer "Havock" durch einen Torpedotreffer so schwer beschädigt, dass die deutsche Besatzung das Schiff anschließend eigenhändig versenken musste. Somit war das Leben dieses Schiffs zu kurz, als dass man heute gute zeitgenössische Fotos davon finden könnte. Eine Abhilfe schafft man sich häufig dadurch, dass man weitere Schwesterschiffe mit einem weniger tragischen Schicksal recherchiert. So war es auch in diesem Fall. Die "Neuenfels", "Weissenfels" und "Schwarzenfels" waren eine Serie von baugleichen Frachtern, die im Auftrag der Deutschen Dampfschifffahrts-Gesellschaft Hansa auf der Werft Weser A.G. in Bremen gebaut wurden. Und eins davon hat sogar deutliche Geschichtsspuren hinterlassen …


1934 wurde die älteste der drei Schwestern, die "Schwarzenfels", im Auftrag von Lufthansa für den Flugboot-Postdienst in ein Katapultschiff umgebaut und dabei in "Schwabenland" umbenannt. So nahm sie als Forschungsschiff 1938/39 an der deutschen Antarktisexpedition teil, wobei der Staatsanspruch Deutschlands auf ein Gebiet geltend gemacht werden sollte, welches später Neuschwabenland genannt wurde. Dank dieser Expedition gibt es bis heute irrsinnigste Verschwörungstheorien über geheime Militärbasen der Wehrmacht am Südpol und über angebliche Zugänge zur "Hohlerde" dort.


Was die "Neuenfels" angeht, das 143 Meter lange und somit größte Wrack im Hafen von Narvik liegt heute in nur 24 Metern Tiefe. Die Aufbauten und Masten wurden nach dem Krieg beseitigt und die Ladung geborgen. Der nahezu intakt gebliebene Rumpf beginnt schon in einer Tiefe von 9 Meter und die riesigen Ladeluken laden zu einer ausgiebigen Erkundung ein. Vom verhängnisvollen Torpedotreffer zeugt heute ein riesiges Loch im hinteren Laderaum auf der Backbordseite.


Artikel zuerst veröffentlicht in der Zeitschrift "Wetnotes" Nr. 40

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