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Frachtschiff „Bryansk“ vor Odessa

Das Seegebiet vor der südukrainischen Schwarzmeerküste ist für die deutsche Tauchgemeinschaft weitegehend unbekannt. Und dies, obwohl die Gegend bis an dem Rand mit Wracks gefüllt ist. Somit erzählen diese Wracks ein für das hiesiges Publikum verborgenes Teil der europäischen Geschichte vor und während des zweiten Weltkriegs. Ein solches Kapitel ist die sowjetische „Schattenflotte“ von spanischen Schiffen, zu den einst auch der Frachter „Bryansk“ gehörte.


Der in Großbritannien gebauter Frachtdampfer fing seine Karriere im Jahr 1898 an, als er unter dem Namen S/S „Minterne“ vom Stapel der Schiffswerft Short Brothers Ltd. In Pallion (Sunderland) lief. Bei einer Gesamtlänge von 96 Metern hatte er eine Tonnage von über 2800 Registertonnen und eine Höchstgeschwindigkeit von 10 Knoten. Nach einer Serie von Eignerwechsel landete der Kohlefrachter im Jahr 1919 unter die spanische Flagge und erhielt ab 1920 den letzten rechtmäßigen Namen S/S „Inocencio Figaredo“. Nach dem Beginn des spanischen Bürgerkriegs verkehrte sie zwischen Spanien und UdSSR und versorgte spanische republikanische Armee mit sowjetischen Waffen bis letztendlich die Nationalisten unter Francisco Franko 1939 gewannen. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich in den sowjetischen Häfen insgesamt zehn spanische Schiffe, die anschließend sowjetische Flagge gehisst haben. Nach offizieller Version aus Moskau, wollte man damit verhindern, dass diese Schiffe in die Hände der frisch erklärten und als faschistisch geltenden Militärdiktatur fielen, während die Besatzungen vor der Rache für deren Zusammenarbeit mit den Republikanern bewahrt werden sollten. So soll die spanische Regierung diese Schiffe an die Sowjetunion als Bezahlung für die Waffenlieferungen übergeben haben. In Wirklichkeit hat die Sowjetunion die Fahrzeuge einfach konfisziert und unter militärische Flagge gestellt, da sie unter Handelsflagge im erstbesten ausländischen Hafen festgesetzt werden könnten, um ihrem eigentlichen Besitzer zurückgegeben zu werden. Zu diesen konfiszierten Schiffen gehörte auch die „Inocencio Figaredo“, die anschließend den neuen Namen „Bryansk“ erhielt. Großteil ihrer Besatzung durfte trotz offizieller Version zurück nach Spanien, während einige Seeleute in der UdSSR blieben, wo zwei von ihnen in den Arbeitslagern starben und der Rest erst 1954 in die Heimat zurückkehren konnte.


Mit dem Beginn des zweiten Weltkriegs wurde „Bryansk“ in einen Militärtransporter umgerüstet und konnte in dieser Funktion bis zu 2500 Menschen und zahlreiches Militärgerät bewegen. Im August 1941 war das unbegleitete Schiff bei der Evakuierung der Roten Armee auf die Halbinsel Krim zugange, als sie bei einem deutschen Luftangriff kurz vor dem Hafen von Odessa durch mehrere Bombentreffer versenkt wurde. Die Anzahl von Verletzten und Toten hätte immens sein können, wenn das Schiff nicht auf dem Weg nach, sondern von Odessa gewesen wäre. Aber auch so hat der Angriff der gesamten Mannschaft von knapp 40 Mann das Leben gekostet.


Heute liegt „Bryansk“ in einer Tiefe von 16 Metern mit dem höchsten Punkt neun Meter über Grund. Die Aufbauten und Masten wurden nachträglich beseitigt, weil sie eine Gefahr für die Schifffahrt darstellten. So war bis etwa 2010 der gesamte Rumpf mit den Laderäumen betauchbar. Danach fing das Wrack an, in sich zusammenzubrechen, sodass heute nur noch das Stabilere Vor- und Hinterschiff die ursprüngliche Schiffsform erahnen lassen.

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