Ukraine ist nicht gerade als ein Wracktauchrevier bekannt und das zu Unrecht. Das flache Schelf des Schwarzen Meeres zwischen dem Donaudelta und der Halbinsel Krim ist regelrecht mit Wracks aus dem 2. Weltkrieg übersät. Das bekannteste davon ist das rumänische Frachtschiff „Sulina“.
Während des 2. Weltkriegs war das Königreich Rumänien seit 1941 als eine faschistische Militärdiktatur an dem deutschen Feldzug gegen die Sowjetunion beteiligt. Dementsprechend waren die Kämpfe in Südukraine im Wesentlichen nicht durch die deutsche, sondern durch die rumänische Invasion geprägt. Das erkennt man auch an den Wracks vor der ukrainischen Schwarzmeerküste.
Das 116 m lange Kombischiff (Passagier- und Frachtmotorschiff) „Sulina“ mit einer Verdrängung von knapp 5000 Tonnen wurde 1939 im Auftrag der rumänischen Königsfamilie zusammen mit drei weiteren Schwesterschiffen im italienischen Palermo gebaut und verkehrte auf der Strecke Constanta – New York. Mit dem Eintritt Rumäniens in den Krieg ein Großteil der rumänischen Handelsflotte durch das Militär akquiriert. Darunter auch „Sulina“, die in ihrer Funktion als militärisches Versorgungsschiff bis zu 1500 Personen oder 2000 Pferde transportieren könnte.
Im Mai 1942 war das Schiff zusammen mit dem Frachter „Ardeal“ in einem Konvoi von Constanta in die besetzte Stadt Nikolaev unterwegs. In den Laderäumen lagen gut 4000 Tonnen Futtergetreide (nach anderen Quellen Steinkohle), während sich in den Kabinen deutsche Soldaten ausruhten, die am Folgetag den Hafen von Odessa verminen sollten. Begleitet wurde der Konvoi zunächst durch die rumänischen Zerstörer „Regina Maria“ und „Prinz Ferdinand“ und später durch die deutschen Minensucher aus der sogenannten „Donauflottille“. Etwa sieben Seemeilen vor Odessa wurde „Sulina“ durch das sowjetische Uboot A-3 aus einer Entfernung von 3,5 Kabel im Bereich des Maschinenraums steuerbords mit einem Torpedo getroffen und sank nach ca. 20 Minuten mit dem Heck voraus. Interessanterweise wird auf der rumänischen Seite die Versenkung durch ein sowjetisches Uboot bestritten. Die beiden Torpedos hätten den Berichten zufolge das Schiff knapp verfehlt, weil das Uboot rechtzeitig von Begleitschiffen und vom Patrouillenflugzeug aus entdeckt worden sei und „Sulina“ unverzüglich mit Ausweichmanövern begonnen haben soll. Die Explosion wird dabei auf einen Minentreffer zurückgeführt, nachdem das Seegebiet eigentlich durch deutsche Minensucher überprüft und bereinigt wurde. Bei der Versenkung von „Sulina“ starben zehn Personen. Die restlichen 97 wurden von Begleitschiffen gerettet.
Heute liegt das Wrack in einer Maximaltiefe von 22 Metern mit der Oberkante in 10 Metern Tiefe, wodurch es für Taucher mit unterschiedlichsten Ausbildungsständen und Erfahrung erreichbar ist. Bei einer moderaten Schlagseite nach Steuerbord sind die Backbord-Aufbauten und der Maschinenraum gut zugänglich und laden zur Erkundung von Innenräumen an. Die Laderäume sind auf der Zwischendeckebene ebenfalls durchtauchbar. Zu den Lieblingsfotomotiven gehören das Königswappen auf dem Heck, die Bauwerfttafel auf dem Deckshaus und die Tafel des Maschinenherstellers im Maschinenraum. Grundsätzlich erinnern die Tauchbedingungen vor Ort sehr and die westliche Ostsee: ähnliche Temperaturen, Tiefen, Sichtweiten, Brackwasser mit geringer Salinität und fehlende Gezeiten.
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