Die Seeschlacht um Narvik im April 1940 gehört zu den berühmtesten Kapiteln der Kriegsgeschichte rund um die deutsche Besetzung Norwegens. Der ganzjährig eisfrei bleibender Hafen war für Kriegsparteien von strategischer Bedeutung und versorgte sowohl britische, als auch deutsche Rüstungsindustrien mit dem hochwertigen Eisenerz aus dem naheliegenden schwedischen Kiruna. In einer schlecht vorbereiteten "Nacht und Nebel" Aktion hat die Kriegsmarine es versucht, einer geplanten britischen Norwegen-Invasion zuvorzukommen und entsandte eine aus zehn Zerstörern bestehende Kriegsschiffgruppe 1 nach Narvik, die zudem 2000 Gebirgsjäger eingeschifft hatte. Am 9. April 1940 erreichte der Verband den Eingang in den Ofotfjord und teilte sich in drei Gruppen auf. Eine Gruppe von drei Zerstörern war mit der Bekämpfung von norwegischen Befestigungsanlagen beauftragt. Eine andere, bestehend aus vier Zerstörern, sollte einen im Norden liegenden Truppenübungsplatz besetzen, während die letzten drei Zerstörer den Kurs auf Narvik nahmen. Es waren Torpedosalven von "Wilhelm Heidkamp" und "Bernd von Arnim" aus dieser Gruppe, die das Ende der norwegischen Küstenpanzerschiffe "Eidsvold" und "Norge" besiegelten und 300 Seemannsleben kosteten. Noch am selben Tag viel Narvik wenige Stunden vor dem Beginn der geplanten britischen Invasion in die deutsche Hände.
(Von oben nach unten) Zerstörer Z17 "Diether von Roeder", Z21 "Wilhelm Heidkamp" und Z22 "Anton Schmitt" vor dem Flughafen von Narvik. In den 1960-ern wurden die Wracks im narviker Hafen geborgen und weiter außerhalb der Bucht in einer Maximaltiefe von 28 m erneut versenkt. Während Z17 nur noch ein einziger Trümmerhaufen ist, sind die Vorschiffssektionen der beiden anderen Zerstörer vergleichsweise gut erhalten.
Am selben Tag hat die britische Zerstörerflottille, bestehend aus fünf Einheiten, ebenfalls Ofotfjord erreicht, zuerst ohne zu wissen, dass die Kriegsmarine den Hafen und die Umgebung bereits eingenommen hat. Am nächsten Tag erfolgte dann nach einer Zusatzaufklärung der Angriff auf völlig unvorbereitete deutsche Schiffe, bei dem zwei Zerstörer in den ersten Minuten des Gefechts durch Torpedofeuer versenkt wurden. Z21 "Wilhelm Heidkamp" wurde am Hinterschiff mit einer anschließenden Explosion der Munitionskammer getroffen, bei der 81 Besatzungsmitglieder inkl. des Verbandskommandanten und seines Stabs ums Leben kamen. Kurze Zeit später wurde Z22 "Anton Schmitt" ebenfalls getroffen und zerbrach, wobei 52 Seeleute ihren Tod fanden. Z17 "Diether von Roeder" wurde im Rahmen des ersten Angriffs seeuntüchtig geschossen, während Z18 "Hans Lüdemann" und Z19 "Hermann Künne" bei der Kraftstoffübernahme unkritische Beschädigungen erlitten haben und schnell wieder einsatzfähig waren. Beim Rückzug aus dem Fjord wurden britische Kräfte durch die verbliebenen deutschen Zerstörer überrascht und haben zwei Einheiten verloren, bevor sie sich auf offene Meer retten konnten.
Z12 "Erich Giese" vor Narvik. Wegen einer Grundtiefe von 70 m ist dieses Zerstörerwrack am besten erhalten.
In der zweiten Angriffswelle am 13. April standen sieben teilweise beschädigte deutsche Zerstörer mit einem großenteils verbrauchten Munitionsvorrat einer übermacht aus einem ausgewachsenen britischen Schlachtschiff HMS "Warspite" in Begleitung von neun Zerstörern gegenüber. Als erstes hat Z13 "Erich Koellner" das Feuer im Außenfjord vor Djupvik eröffnet und kurze Zeit darauf durch Artillerie- und Torpedofeuer versenkt, wobei 31 Besatzungsmitglieder ihr Leben verloren haben. Als nächstes wurde im weiteren Gefechtsverlauf Z12 "Erich Giese" schwer getroffen und anschließend vor der Einfahrt in die narviker Bucht selbstversenkt. Weitere 81 Seeleute fanden dabei ihren Tod. Nicht zuletzt deshalb, weil britische Schiffe Feuer auf die im Wasser treibenden Überlebenden eröffnet haben.
Z19 "Hermann Künne" nach einer Selbstversenkung in Trollvika am Herjangsfjord. Das Hinterschiff liegt in einer Tiefe von 40 m, während der Rest des Trümmerfelds bis kurz unter die Wasseroberfläche reicht.
Der weitere Gefechtsverlauf auf der deutschen Seite wurde durch eine Munitionsknappheit bestimmt, sodass alle fünf noch fahrtüchtige Zerstörer am Ende den Kampf aufgeben und auf Grund laufen mussten, damit sich die Reste der Besatzungen in den umliegenden Wäldern retten konnten. Zuerst wurde diese Entscheidung an Bord von Z19 "Hermann Künne" getroffen. Sie wurde vermint und fuhr in Herjangsfjord auf Grund, bevor ein letzter Torpedotreffer ihr Schicksal besiegelte. Der Rest des Verbands zog sich in den engen Rombaksbotten (hinterer Teil des Rombaksfjords), wo sich Z9 "Wolfgang Zenker", Z11 "Bernd von Arnim" und Z18 "Hans Lüdemann" ebenfalls selbst versenkt haben, um die Erbeutung durch die Briten zu vermeiden. Die Z2 "Georg Thiele" übernahm während dessen die Deckung des restlichen Verbands bis auch hier die gesamte Munition verschossen wurde. In einer letzten Aktion setzte man das Schiff auf einen Felsen, sprengte es und rettete sich unterm ständigen britischen Beschuss im Wald.
Nachdem der Rest der Kriegsschiffsgruppe 1 niedergeschossen wurde, war es ausgerechnet die seeuntüchtige "Diether von Roeder", die von der Pier aus mit ihren Bordgeschützen am längsten den Widerstand leistete, bevor sie letztendlich von ihrer Besatzung vermint und gesprengt wurde. Der letzte der zehn deutschen Zerstörer ging verloren.
Z2 "Georg Thiele" im Rombaksfjord. Das Hinterschiff liegt in einer Tiefe von 52 m, während der Bug einige Meter aus dem Wasser ragt.
Bei den in Narvik eingesetzten Zerstörern handelte es sich entweder um die Klasse 1934 (Z2) und modifizierte Klasse 1934A (Z9, Z11 bis Z13) oder um deren Weiterentwicklung der Klasse 1936 (Z17 bis Z19, Z21 und Z22). Sie hatten eine Gesamtlänge von 119 bis 123 m und konnten dank ihrer Maschinenleistung von 70.000 P.S. eine Höchstgeschwindigkeit von 36 bis 38,5 kn erreichen. Jedes Schiff mit einer Besatzung von ca. 325 Mann trug eine Hauptbewaffnung aus acht Torpedorohren und fünf 127 mm Geschützen, ergänzt durch zahlreiche Flaks und Seeminen.
In den 1960-ern wurde ein Teil der Wracks abgebrochen, sodass heute nur noch sechs Zerstörer ein lohnenswertes Tauchziel darstellen, wobei auch hier gilt: je tiefer das Wrack, desto besser sein Erhaltungszustand.
Artikel außerdem veröffentlicht in der Zeitschrift "Wetnotes" Nr. 47
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