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Das „Drei-Anker-Wrack“ vor Rügen

  • Autorenbild: Der Wrackzeichner
    Der Wrackzeichner
  • vor 2 Tagen
  • 2 Min. Lesezeit

Nur eine Seemeile vom Strand entfernt, liegt vor der der Halbinsel Wittow in 23 Metern Tiefe ein namenloser eiserner Lastenkahn. Bei den Sporttauchern ist er als „Drei-Anker-Wrack“ bekannt, da man hier gleich drei Schiffsanker vorfand und nicht zwei, wie sonst üblich.

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Für einen Einmaster-Lastensegler war das Schiff mit seiner Länge von 32 Matern und einer Breite von sechs Metern beachtlich groß, bzw. eigentlich schon zu groß. Zwar verfügt es über einen markanten Mastfuß mit dem Scharnier für eine Mastlegevorrichtung, mit der auf Binnengewässern Passagen unter Brücken möglich waren. Auch Reste von Wantenspannern sind noch vorhanden. Allerdings kann ein solcher Mast nicht nur zum Tragen einer Segelrigg benutz werden. Auch motorisierte Binnenfrachter trugen manchmal mit dem stehenden Gut abgespannte Mastkräne mit Ladebäumen, mit denen sie be- und entladen werden konnten. Besonders praktisch war diese Lösung für kleine Häfen oder für einfache Anleger, die über wenige oder gar keine stationären Kräne verfügten.


Auf seiner letzten Reise transportierte der Frachter eine Ladung von Pflastersteinen oder ähnlichem Baumaterial. Er liegt aufrecht auf dem hellen Sandgrund und seine Bordwände sind bis auf beide riesige Auskolkungen im Bug und Heck fast vollständig vom Sand bedeckt. Trotzdem offenbart das Wrack viele gut erhaltene Details, wie zum Beispiel zahlreiche Decksmaschinen: eine ungewöhnlich weit vorne liegende Ankerwinde, eine Ladewinsch zwischen den beiden mit Sediment aufgefüllten Laderäumen und eine Rudermaschine. Die letztere ist insofern interessant, da sie nicht, wie sonst üblich, unter Deck steht, sondern offen hinter dem zusammengebrochenen Deckshaus. Von dort aus trieb sich nicht etwa einen herkömmlichen Ruderquadranten an, sondern muss über ein Getriebe auf die Ruderwelle gewirkt haben. Weder ein Blick unters Heckspiegel noch zwischen den Trümmern des Deckshauses lassen Anwesenheit eines Propellers oder eine Schiffsmaschine vermuten. Und lässt die ganze Aufmachung des Schiffs eher einen Lastenkahn in einer Bauweise, wie sie zwischen 1870 und 1900 üblich war vermuten, als einen Motorfrachter. Abgerundet wird das Wrackbild durch keramische Waschbecken unter den Trümmern des zusammengebrochenen Decksaufbaus. Wahrscheinlich befinden sich unter einer dicken Sedimentschicht weitere Gegenstände, die das Leben an Bord von Butter- und Brotschiffen am Ende des 19. Jahrhunderts veranschaulichen.


Was die Anker angeht, zwei herkömmlich große Stockanker liegen auf dem Hauptdeck seitlich der großen Ankerwinde. Jeweils ein auf der Backbord- und auf der Steuerbordseite. Da ein Stock- oder Kukasanker normalerweise nicht in den Ankertaschen von Binnenschiffen und Lastenkähnen befestigt werden konnten, war das Vordeck deren übliche Stauposition. Der dritte Anker im Grund auf der Backbordseite des Bugs gibt aber ein Rätsel auf: für dieses Schiff ist er deutlich zu groß und gehörte möglicherweise zu einem anderen Schiff, das hier ankerte und aus Versehen das Wrack erwischte.


Alles in einem findet man hier einen spannenden historischen Tauchplatz mit vielen kleinen Gimmicks für geschulte Augen von Schiffsliebhabern.


Quellen: Holger Buss - Dive3D.eu

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