In den fast 40 Betriebsjahren der Tauchbasis im niedersächsischen Hemmoor wurde im dortigen Kreidesee Allerlei „Spielzeug“ als Taucherattraktionen versenkt. Einige dieser Wracks sind inzwischen für Generationen von Tauchern derartig vertraut, dass sie ihren eigenen Beitrag verdient haben.
Neben dem Steinrüttler am Einstieg 3, gehört das Flugzeug am Einstieg 0 zu den Symbolen des Kreidesees. Ursprünglich wurde dort im Jahr 2008 eine amerikanische Piper PA-28 in 10 Metern Tiefe befestigt. Mit über 37.000 gebauten Einheiten und von 1961 bis heute in Produktion, handelt sich bei diesem einmotorigen Viersitzer mit knapp 11 Metern Spannweite um eines der meistgebauten Flugzeuge überhaupt. Zuletzt gehörte die Kreidesee-Maschine einem Gutachter für Flugunfälle, der sie kurz vor seinem Ruhestand als Restaurationsprojekt aus den USA kaufte. Zuvor war sie das Privatflugzeug des niemanden geringeren als Alan Shepard, der als erster US-Amerikaner einen Flug im Weltall absolvierte (Mercury-Redstone 3 Mission in 1961) und als einziger Veteran des Mercury-Programms auf dem Mond war (Apollo 14 Mission in 1971). Nachdem die Ehefrau des neuen Besitzers mit einer Scheidung androhte, wenn ihr Ehemann dieses Projekt angeht, musste er schweren Herzens sein Lieblingsspielzeug verkaufen. Zum Glück stoß er auf eine Zeitungsannonce, in der nach einem Flugzeugwrack für die Versenkung im Kreidesee gesucht wurde. Da die Piper noch in Einzelteilen rumlag, wurde sie behelfsmäßig kosmetisch aufgewertet, gelb lackiert und teilweise ausgeschäumt, um ihren Untertrieb im Wasser zu reduzieren. Anschließend wurde sie freischwebend auf einem Zugseil unter einer Boje platziert, wo sie einige Jahre verweilte und ein echtes Highlight für viele Sporttaucher war. Ich selbst durfte sie dort bei meiner eigenen Freiwasserausbildung im September 2013 noch bewundern. Im Jahr 2015 gaben die Befestigungsseile nach und das Flugzeug krachte auf den Seegrund in 25 Metern Tiefe. Später wurde ein Versuch unternommen, es mit Hebesäcken an eine andere Stelle zu verlegen, was allerdings missling und die wilde Piper segelte unkontrolliert in eine unbekannte Richtung weg. Erst später wurde sie in 52 Metern Tiefe wiedergefunden und ist seitdem eine gute Wegmarkierung für die Trimix-Taucher. Übrigens, eine Weitere PA-28 liegt vor der griechischen Küste.
Nach dem Wegfall der gelben Piper wurde ein Ersatz als flaches Wrack für Tauchanfänger gesucht. Die Wahl fiel auf die zweimotorige Piper PA-61 (auch Aerostar 601 genannt), die zuvor jahrelang als Blickfang bei einem süddeutschen Autohändler stand und seit 2017 den freien gewordenen Platz am Einstieg 0 eingenommen hat. Hierbei handelt es sich um ein amerikanisches zweimotoriges leichtes Geschäftsflugzeug, das von 1967 bis 1984 mit einer Stückzahl von über 1000 Maschinen gebaut wurde.
Seit 2015 wurde der Wrackbestand im See um das ehemalige Arbeitsboot des sogenannten 14-Meter-Typs ergänzt, welches ursprünglich in den 1950-ern Jahren für Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes entwickelt und bis in die 1990-ern Jahre in einer großen Stückzahl auf verschiedenen Werften für die einzelnen Ämter gebaut wurde. Die Boote eigneten sich sowohl für den Einsatz als Schlepper, als auch als Strecken- und Bereisungsschiffe auf flachen und schnell fließenden Gewässern. Das Wrack im Kreidesee war zuletzt im Besitz eines privaten Eigners, der das Boot renovieren wollte, bevor es bei einem Brand bis auf den Stahlrumpf vollständig ausbrannte und nicht mehr zu gebrauchen war. Von Anfang an war das Wrack als Ziel für technische Taucher und für die Passagiere des touristischen Ubootes „EuroSub“ angedacht. Allerdings machte sich die „Mahusan“ bei der Versenkung selbstständig und landete in einer Tiefe von 49 Metern ca. 100 Meter neben der angedachten Position. Dort war sie so nah am Ufer, dass sie für viele Sporttaucher zu verlocken war, sie auch ohne entsprechende Ausrüstung, Ausbildung und Atemgase zu betauchen. Um Unfälle zu vermeiden, wurde sie deshalb 2016 auf eine neue Position in 56 Metern tiefe nahe der Seemitte verlegt.
Seit 2011 liegt im See in einer Tiefe von 18 Metern eine 13 Meter lange Segelyacht, die zuvor einem Bauer gehörte, der sie renovieren wollte, aber über 20 Jahre lang nicht mehr dazu kam. Als ein „Scheunenfund“ landete die „Hemmoor“ am Rand einer Tagebau-Terrasse und dient seitdem als Einstiegswrack für einfache Wrackpenetration.
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